Henning Foerster  TOP 18  Außenwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns zukunftsfähig und krisenfest aufstellen – Strategie und Schwerpunktsetzung entwickeln  -

Es gilt das gesprochene Wort! 

 

 

Landtag Mecklenburg-Vorpommern 06.04.2022 

Fraktion DIE LINKE 

 

MdL Henning Foerster 

 

 

TOP 18 

Außenwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns zukunftsfähig und krisenfest aufstellen – Strategie und Schwerpunktsetzung entwickeln 

- Drucksache 8/533 

 

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,  

 

2010 betrug der Wert der Exporte gemessen am Bruttoinlandsprodukt in Mecklenburg-Vorpommern 17,4 Prozent. Damit belegte unser Land den vorletzten Platz im Ranking der Bundesländer. 10 Jahre später betrug dieser Wert 18,9 Prozent. Seitdem sind wir Drittletzter. Eine Erfolgsgeschichte dürfte anders aussehen. Warum sage ich das? Weil offenbar auch CDU-Wirtschaftsminister keine Wunder vollbringen können. Doch nun, wo man sich auf der harten Oppositionsbank wiederfindet, meint man den Stein der Weisen entdeckt und obendrein noch die Schuldige für das ausgebliebene Wirtschaftswunder gefunden zu haben.  

Wobei Stein der Weisen mit Blick auf den vorliegenden Antrag doch auch arg übertrieben scheint. Denn was hier scheinbar wortgewaltig niedergeschrieben wurde, sind letztlich vor allem Berichte. Erst einmal ein Sachstandsbericht, wo das Land steht, welche Instrumente es zur Erschließung neuer Märkte gibt und wie wichtig denn Delegationsreisen sind. Gerade letzteres lässt einen kopfschüttelnd zurück.  

Denn wenn es in den letzten Jahren überhaupt etwas Aktivitäten in Sachen Außenwirtschaft gab, waren es diese Reisen nach Portugal, Brasilien, Hong Kong oder Vietnam, verbunden mit hohen Kosten und tendenziell wenig Mehrwert für das Land.  

Danach soll in einem Jahr eine Strategie folgen, gefolgt von wiederum Berichten im 2-Jahres Rhythmus, diesmal zum Stand der Entwicklung der Außenwirtschaft. Das ist mehr als dünn, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Sie haben zwar eine echte Fleißarbeit abgeliefert und viel Papier beschrieben, aber bei genauer Betrachtung kommt meine Fraktion zu der Einschätzung, dass sie ein wichtiges Thema aufsetzen wollten, ohne allerdings selbst eine Idee zu haben, was substanziell im Ergebnis dabei rauskommen soll.  

Das Einzige, wo sie sich treu bleiben, sind die raumgreifenden Gedächtnislücken bezüglich ihrer Rolle in den letzten 15 Jahren. Aber war es wirklich allein die SPD, die immer die falschen Weichen gestellt hat, so auch beim Thema Außenhandel? Mitnichten und deshalb helfe ich Ihnen auch gern noch einmal auf die Sprünge.  

Wirtschaftsministers a.D. Harry Glawe sagte bezüglich der Beziehungen zu Russland 2014: „Russland gehört mit zu den wichtigsten Handelspartnern Mecklenburg-Vorpommerns. Uns ist wichtig, dass die wirtschaftlichen Beziehungen der Unternehmen beständig bleiben.“ 2017 fügte er an. „Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, auf Augenhöhe miteinander im Gespräch zu bleiben“ und 2021 äußerte sich mit Blick auf die Erdgaspipeline Nordstream 2 wie folgt:  „Unsere Beziehungen sind hervorragend, Nordstream 2 ist dabei das wichtigste Projekt.“  

Sie kennen den Kollegen besser als ich, aber er wird diese Äußerungen wohl kaum nur unter der sprichwörtlichen Knute der Ministerpräsidentin getätigt haben. Hören Sie also endlich auf mit dieser billigen Polemik. Niemand in diesem Saal konnte voraussehen, dass wir es im Jahr 2022 mit einem blutigen Bruderkrieg mitten in Europa zu tun haben werden. Grundsätzlich ist doch nichts falsch an der Idee, durch wirtschaftliche Beziehungen, Jugendaustausch oder Kulturfestivals mit anderen Ländern einen Beitrag zu gut nachbarschaftlichen Beziehungen leisten zu wollen.  

Aus meiner Sicht ist das Tragische an der jetzigen Situation, dass die Putin Administration mit ihrem Einmarsch in der Ukraine all dies kaputt gemacht und vermutlich auf Jahre hinaus mindestens mal deutlich erschwert hat.  

Meine Damen und Herren!  

Ich möchte diese Rede jedoch nicht nur für den Blick zurück nutzen. Was sind also aus unserer Sicht die wirklichen Stellschrauben für eine krisenfeste für eine krisenfeste Außenwirtschaft? Eines ist sicher, Berichte sind es nicht. Denn es geht um Wissen, um Forschung und um Entwicklung. Es sind die dadurch entstehenden Produkte und Dienstleistungen, die sich qualitativ und technisch vom restlichen Marktangebot abheben und somit die Chance auf neue Abnehmer finden.  

Es geht also um Exportvoraussetzungen. Und genau da steckt der Hase im Pfeffer, da hat Mecklenburg-Vorpommern noch Defizite. Auch deshalb haben wir uns schon zu Oppositionszeiten für die Erarbeitung und Umsetzung einer Industriestrategie eingesetzt.  

Ein Einsatz, der sich gelohnt hat, denn diese Strategie liegt ja seit letztem Jahr vor. Und bin guten Mutes, dass die rot-rote Landesregierung und hier natürlich in erster Linie die Kolleginnen und Kollegen aus dem Wirtschaftsministerium die festgelegten Maßnahmen umsetzen und somit die Strategie auch mit Leben erfüllen werden.  

Für mich gehört auch dazu, die Industrie wertzuschätzen und dies auch nach draußen zu zeigen. Das war in der Vergangenheit auch nicht der Fall. Während die Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern auf der Hannover Messe, übrigens der größten Industriemesse Deutschlands, allein die Fahne für unser Land hochhielten, lief sowohl der Wirtschaftsausschuss, als auch diverse Minister der Vorgängerregierung lieber auf der Grünen Woche herum.  

Ich möchte nicht falsch verstanden werden, Agrarausschuss und Landwirtschaftsminister gehören da auch hin. Denn Land- und Ernährungswirtschaft sind unbestritten wichtig für unser Land. Aber es gibt mehr und jetzt reden wir über den Außenhandel und darüber wie wir hier besser werden können.  

Und da bin ich der Meinung politische Gesten haben auch etwas mit dem Selbstverständnis des Landes und mit Psychologie zu tun. Sie sind wichtig um glaubwürdig zu demonstrieren, dass wir beim Thema Industrie besser werden wollen. Und deshalb habe ich in der Obleute Runde bezüglich der Themen und Vorhaben des Wirtschaftsausschusses auch wieder ausdrücklich dafür geworben, hier künftig anders zu verfahren. 

Wie die Landesregierung die Exportvoraussetzungen im Land verbessern wird, kann übrigens jeder auch im Koalitionsvertrag nachlesen. Dort finden sie Aussagen zur Verbundforschung, zur Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Finanziers durch neue Formate, wie Innovationscamps oder zu bewährten Instrumenten, wie der Messeförderung.  

Dazu kommen Vorhaben wie der Unternehmertag Ostsee, der Polentag und der Ausbau der Handelsbeziehungen zu Partnern, die in unserer Handelsbilanz weit vorne stehen, wie die Niederlande. All das haben wir im Herbst vergangenen Jahres bereits vereinbart.  

Und zwar ohne ansatzweise ahnen zu können, in welcher Situation wir uns im Februar 2022 befinden werden. Es ist im Übrigen eine Binsenweisheit, dass der 24. Februar die Außenwirtschaft unseres Landes nachhaltig verändert. Denn auch wenn die Russische Föderation schon länger aus den TOP 10 unserer Außenhandelsbilanz verschwunden ist, waren die Wirtschaftsbeziehungen zwischen vielen Unternehmen noch stark und erfolgreich.  

Und wenn dieser Krieg, besser heute als morgen, zu Ende geht, wird es eine besondere Herausforderung sein, einen angemessenen Weg zu finden, wie mit Russland in Zukunft politisch und wirtschaftlich umgegangen werden soll.  Der einzige Punkt in Ihrem Antrag für den ich anfänglich eine gewisse Sympathie entwickeln konnte, ist die Forderung nach einer Außenhandelsstrategie. Denn ich halte diese tatsächlich für ein wichtiges Instrument, um einen klaren Kurs zu setzten, Ziele zu bestimmen und Instrumente zu benennen. Das macht politisches Handeln am Ende auch ein Stück abrechenbar.  

 

Das gilt allerdings nur, wenn sie auch eine gewisse Substanz hat. Ich habe daher mal einen Blick in die Außenhandelsstrategie von NRW, bekanntlich ja schwarz-gelb regiert, geworfen. Diese umfasst 40 Seiten, beschreibt zunächst die Ausgangslage und einige Megatrends und zum Schluss dann einige, wenige Ziele. Enttäuschend sind jedoch die Instrumente, mit denen die Ziele erreicht werden sollen. Da wird’s dann richtig dünn.  

Da ist die Rede davon, dass sich Delegationsreisen bewährt haben und fortgeführt werden sollen. Man will sie mit digitalen Formaten anreichern. Ferner wird festgestellt, dass für die Absicherung von Exporten und Auslandsinvestitionen eine breite Palette an Bundes- und Landesförderprogrammen zur Verfügung steht. Um verschiedene internationale Partner zusammen zu bringen sollen verstärkt interkulturelle Begegnungen, Hospitationen, Traineeprogramme etc. gefördert werden. Und als krönender Abschluss findet sich noch ein Prüfauftrag, wie die Marktdurchdringung in Entwicklungs- und Schwellenländern besser gefördert werden kann.  

 

Wenn das Ihre Kopiervorlage für unser Land sein sollte, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, Danke nein. Für solche Allgemeinplätze müssen wir keine Ressourcen binden. Genauso wenig übrigens, wie für die dann nachfolgend geforderten Berichte. Abschließend würde ich vorschlagen, dass wichtige Thema, welches sie heute hier ja ohne Zweifel aufgerufen haben, in regelmäßigen Abständen im zuständigen Wirtschaftsausschuss aufzurufen. Da kann man dann den aktuellen Sachstand und die Entwicklungen besprechen. Und bitte unterstützen Sie mein Anliegen in Sachen Hannover Messe.  

Den Antrag lehnen wir ab.  

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!