An Abstimmung über Projekte des Strategiefonds nicht beteiligt

Jeannine RöslerPressemeldungen

Zur heutigen Abstimmung über den „Wirtschaftsplan 2018/2019 für das Sondervermögen Strategiefonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ im Finanzausschuss hat die finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jeannine Rösler, folgende Erklärung abgegeben (gekürzt):

Meine Fraktion wird sich an dem Abstimmungsverfahren nicht beteiligen.

Wir haben hierzu bereits mehrfach und öffentlich unsere grundsätzliche politische Kritik zum Ausdruck gebracht, insbesondere im Rahmen der Haushaltsberatungen.

Der Strategiefonds ist aus unserer Sicht nicht nur politisch eine völlige Fehlkonstruktion. Er ist es vor allem rechtlich, und zwar verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich. Aus diesem Grund haben wir den Strategiefonds umfassend gutachterlich prüfen lassen. Das vorliegende Gutachten des Verfassungsrechtlers Prof. Kilian hat meine Fraktion vor zwei Tagen öffentlich vorgestellt. Seine Ergebnisse sprechen eine klare Sprache.

Die wesentlichen Kritikpunkte, die meine Fraktion allesamt teilt, möchte ich nun dem Finanzausschuss kurz mitteilen:

  1. Der Landtag darf sich seiner zwingend auszuübenden Budgethoheit nicht ohne Not entäußern und sie nicht zum Teil auf andere Organe oder Gewalten übertragen.
  2. Wenn ein einmal in den Fonds geflossenes Geld nicht mehr der absoluten Verfügungsgewalt des Parlamentes unterliegt, dann ist dieser verfassungswidrig.
  3. Bei dem Strategiefonds-Sondervermögen handelt es sich um einen Nebenhaushalt, der als Ausnahme vom Grundsatz der Haushaltseinheit einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. 
  4. Die Reservierung und Vorweg-Widmung von einem Viertel der jährlichen Haushaltsüberschüsse zugunsten des Sondervermögens stellt als Zweckbindung einen Verstoß gegen das haushaltsrechtliche Prinzip der Gesamtdeckung aller Haushaltseinnahmen dar.
  5. Selbst wenn der Finanzausschuss mit einem Zustimmungs- bzw. Vetorecht bei Förderungsanträgen der Exekutive ausgestattet ist, kann er sich – und das ist für uns von zentraler verfassungsrechtlicher Bedeutung – nicht an die Stelle des gesamten Landtags als Verfassungsorgan setzen. Der Finanzausschuss ist kein Ersatz-Haushaltsträger. Wir sind kein Finanzparlament.
  6. Soweit das Strategiefonds-Sondervermögen auch künftige Haushaltsüberschüsse abschöpfen und übernehmen soll, ist es fraglich, ob ferner gegen Haushaltsprinzipien des zeitlichen Bepackungsverbots und der Periodizität des Haushalts verstoßen wird.
  7. Die Anträge der Koalitionsfraktionen machen deutlich, dass die Konstruktion und Verfahrensweise des Sondervermögens gegen das haushaltsmäßige Transparenz- bzw. Klarheitsgebot zu verstößt. Das setzt sich nach Auffassung meiner Fraktion bei den heute zu beschließenden Anträgen fort.
  8. Wenn wir über so viele Millionen entscheiden, dann muss das im Parlament erfolgen, in öffentlicher Debatte, mit Für- und Gegenrede und nicht im Finanzausschuss hinter verschlossenen Türen.
  9. Es ist auch sehr zweifelhaft, ob alle Fördermaßnahmen mit dem Gesetzeszweck vereinbar sind. Zweck des Sondervermögens ist die Förderung besonderer für die zukünftige Entwicklung des Landes wegweisender Projekte und Programme. Wenn wir den Gesetzeszweck aber wirklich ernst nehmen, frage ich mich, ich frage Sie: Besitzt etwa die Erneuerung der Innenvergitterung für ein Tierheim einen „Leuchtturmcharakter“, oder die Anschaffung eines Boxrings für einen Verein, eines Pferdes oder einer Toilette in einem Feuerwehrhaus?
  10. Schließlich fehlt es an klaren und transparenten Förderkriterien und Förderrichtlinien.

Um es klar zu sagen: Viele Projekte sind grundsätzlich unterstützenswert.

Aber bitte schön nicht verpackt als „Förderbescheid“ der örtlichen Abgeordneten von SPD und CDU. Wir erwarten keinen PR-Fonds für die Koalitionsfraktionen. Wir erwarten, dass die Kommunen so ausgestattet werden, dass die Gemeinden Selbstverständlichkeiten wie ihre Pflichtaufgaben selbst finanzieren können. Wir erwarten, dass Sportvereine das bekommen, was sie benötigen, und wir erwarten vor allem, dass alle Vereine die gleichen Chancen haben.

Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung stärken, nicht eine Politik der Selbstbedienung der Regierenden. Diesen Politikansatz erkennt man auch in der neuen Projekteliste. Das Budget für die Projekte haben die Koalitionsfraktionen nahezu vollständig ausgeschöpft. Nicht von ungefähr sprachen Minister Backhaus oder Ministerin Hesse öffentlich von einem Fonds der Koalitionsfraktionen, vom Geld der Koalitionsfraktionen. Niemand kann erwarten, dass wir als Oppositionsfraktion dabei auch noch mitmachen.